Inhalt überspringen
Senorics

Dresdner Start-up Senorics

Dresden
Senorics-CCO Robert Langer bei der Inspektion eines Wafers

Detektiv im Mini-Format

Im Jahr 2021 würde es für Schneewittchen anders laufen. Der Apfel wäre tabu für sie. Ein kleiner Sensor hätte der jungen Frau vor dem ersten Biss verraten, dass im Inneren der Frucht irgendetwas nicht stimmt. Diese etwas andere Variante des bekannten Grimm‘schen Märchens erzählen die Gründer des Dresdner Start-ups Senorics gern, wenn sie ihre Technologie erklären. Das Unternehmen ist Experte für neuartige Nahinfrarotspektroskopie-Sensoren.

Die Entwicklung ist winzig, sogar kleiner als eine 1-Cent-Münze. Doch sie kann Großes. Der Senorics-Sensor erkennt, was drinsteckt. „Grundlage dafür ist die Nahinfrarotspektroskopie“, erklärt Ronny Timmreck, CEO und einer der vier Gründer des Unternehmens. Bei dieser Messtechnik wird eine Probe mit infrarotem Licht bestrahlt. Anhand der Wellenlängenverteilung des reflektierten Lichts können Inhaltsstoffe von festen Materialien und auch von Flüssigkeiten erkannt und ihre enthaltene Menge bestimmt werden. Solche Analysen konnten bisher nur mit großen Spektrometern im Labor durchgeführt werden.

Das Herzstück der Senorics-Technologie: der SenoSense Detect. Der Sensor samt Elektronik ermöglicht das Detektieren von Inhaltsstoffen.

Bügeln, aber richtig

Senorics hat das Verfahren miniaturisiert und macht es massenmarkttauglich. Die Grundlagen für die Technologie wurden am Institut für Angewandte Photophysik der Technischen Universität Dresden entwickelt. 2017 gründete Timmreck dann zusammen mit Robert Brückner, Matthias Jahnel und Robert Langer Senorics. Heute haben sie bereits 35 Mitarbeiter. „Bis Mitte 2021 wollen wir in Dresden eine Pilotanlage aufbauen.“ Sie ermöglicht den nächsten Schritt in Richtung Serienfertigung.

Viele der Senorics-Kunden aus Europa, Nordamerika und Asien stehen auf der Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Gemeinsam arbeiten die Dresdner mit ihnen daran, dass schon bald Verbraucher vom Können der Sensoren profitieren. Zum Beispiel eingebaut im Smartphone. „Die Leute könnten damit im Supermarkt ganz einfach den Reifegrad einer Avocado oder Ananas prüfen“, nennt CCO Robert Langer eine mögliche Anwendung.

Aber auch Haushaltsgeräte will die Entwicklung intelligenter machen. Das Bügeleisen würde mit der Sensor-Hilfe seine Temperatur automatisch ans Stoffmaterial anpassen. Staubsauger könnten erkennen, um welche Art von Boden es sich handelt und ihren Betriebsmodus optimieren. Die Waschmaschine könnte den Verschmutzungsgrad der Wäsche und die Textilart analysieren und Waschprogramm sowie Waschmitteldosierung genau berechnen.

Messwert statt Bauchgefühl

Menschen verlassen sich bisher bei ihren Entscheidungen auf drei Dinge: Wissen,
Erfahrung und Intuition. „Unsere Technologie bietet ihnen in Zukunft eine vierte Quelle: das tatsächliche Messergebnis“, erklärt Langer. Das vereinfache Entscheidungsprozesse und mache sie präziser. Nicht nur für Verbraucher. Auch beim täglichen Kontakt zwischen Unternehmen, beispielsweise bei der Wareneingangskontrolle im Lager.

Die Gründer sind überzeugt, dass sich ihre Technologie durchsetzen wird. Ähnliche Beispiele gäbe es aus der jüngeren Geschichte. „In den 1990-er Jahren war GPS ein Spielzeug für Wissenschaftler und Freaks“, sagt Langer. Heute hätte es jeder auf dem Handy und kann sich ein Leben ohne nicht mehr vorstellen. Die Nahinfrarotspektroskopie sei ebenso nützlich. „Sie wird das Leben der Menschen an vielen Stellen einfacher machen“, ist Timmreck sicher.  Kein Märchen, sondern bald schon Realität.

Mehr über Senorics erfahren.

Fotos: ronaldbonss.com /Ronald Bonss

Senorics-CEO Dr. Ronny Timmreck, mit einem NIR-Chip von Senorics. Per Nahinfrarotspektroskopie erkennt der Sensor des Unternehmens Inhaltsstoffe.